FAQ

Frequently Asked Questions:

 

Rechte und Rechtsgeschäfte

Haftungsrecht

 


 Rechte und Rechtsgeschäfte

Wie entsteht ein Anspruch?

Ausgangspunkt bei der Prüfung eines Anspruchs ist eine Anspruchsgrundlage, also eine Regelung, die als Rechtsfolge die Entstehung einer Pflicht des potenziellen Anspruchsgegners enthält. Eine solche Regelung können z.B. Verträge oder Gesetze enthalten.
Eine solche Regelung kann nicht zufälligaus der Luft gegriffen werden, sondern muss selbst nach bestimmten Regeln zustande gekommen sein. Außerdem darf sie höherrangigen Regelungen nicht widersprechen, sonst ist sie unwirksam. Bevor also die Voraussetzungen, die die Regelung selbst aufstellt, damit die Rechtsfolge eintritt, geprüft werden, muss man zunächst das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Regelung selbst prüfen. Herrscht diesbezüglich Konsens, sind das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Regelung jedoch nicht zu thematisieren. Hinsichtlich der meisten Gesetze herrscht ein solcher Konsens; das Zustandekommen und die Wirksamkeit z.B. von Regelungen des BGB, die seit langer Zeit akzeptiert sind, darf daher nicht überflüssigerweise angesprochen werden.
Erst wenn feststeht, dass die Regelung (Vertrag, Gesetz,…) zustande gekommen ist und wirksam ist, macht es Sinn die von ihr selbst aufgestellten Voraussetzungen für den Eintritt ihrer Wirkungen (ihren Tatbestand) zu prüfen.
Bei Gesetzen nennt man diese Voraussetzungen Tatbestandsmerkmale, bei Verträgen kann man sie als Bedingungen i.S.d. § 158BGB einordnen. Diese Tatbestandsmerkmale bzw. Bedingungen können bestimmte Tatsachen enthalten, die eintreten müssen, oder selbst ein Rechtsgeschäft voraussetzen, dessen Zustandekommen und Wirksamkeit dann an dieser Stelle zu prüfen wären. Sind die Voraussetzungen erfüllt, ist die Pflicht/der Anspruch entstanden. Es ergibt sich folgendes Prüfungsprogramm:
I. Anspruch entstanden
     1. Zustandekommen einer Regelung
     2. Wirksamkeit der Regelung
     3. Wirkungen der Regelung
Damit die Pflicht weiterhin besteht, dürfte sie nicht wieder erloschen, also nachträglich weggefallen, sein, wie es z.B. durch Erfüllung der Fall ist:
II. Anspruch nicht erloschen

 

Wann ist ein Anspruch nicht durchsetzbar?

Ist eine Pflicht entstanden und nicht erloschen, so ist damit die Interessenabwägung zwischen den Beteiligten vollzogen, der Ausgleich grundsätzlich gefunden. Selbst wenn die Pflicht besteht und erfüllbar ist, könnte sie aber dennoch nicht mittels eines Anspruchs des Berechtigten durchsetzbar sein, d.h. nicht in einem staatlichen Verfahren erzwingbar sein. Ist der Anspruch z.B. verjährt, soll sich ein Gericht um des Rechtsfriedens willen nicht mehr mit dem Konflikt beschäftigen, sondern kann auf die Verjährung eine Abweisung der Klage stützen, obwohl ein Anspruch (möglicherweise) besteht:
III. Anspruch durchsetzbar

 

„Hat“ jemand einen Anspruch, auch wenn der Anspruch „nicht durchsetzbar“ ist?

Nein. Ein Anspruch setzt gerade voraus, dass das Begehren des Anspruchstellers auch durchsetzbar ist. Ist es nicht durchsetzbar, so besteht zwar eine Pflicht des Anspruchsgegners, deren Einhaltung aber durch den Berechtigten nicht gerichtlich durchsetzbar ist.
Im konventionellen Prüfungsaufbau „1. Anspruch entstanden / 2. Anspruch nicht erloschen / 3. Anspruch durchsetzbar“ wird der Begriff „Anspruch“ daher doppeldeutig als Gegenstück zu „Pflicht“ gebraucht: Wenn die einem Anspruch entsprechende Pflicht des Anspruchsgegners nicht durchsetzbar ist, besteht nämlich schon kein Anspruch.

 

An welcher Stelle im Gutachten prüfe ich den inneren Tatbestand einer Willenserklärung?

Der sog. innere (oder auch subjektive) Tatbestand einer Willenserklärung umfasst nach konventioneller Darstellung den Handlungswillen, das Erklärungsbewusstsein und den Geschäftswillen. Als eigener Begriff ist der innere Tatbestand überflüssig und sogar irreführend, da eine Willenserklärung („dem Tatbestand nach“) vorliegt, selbst wenn alle diese drei Elemente nicht erfüllt sind. Fehlt der Handlungswille, so ist die Willenserklärung nach § 105 II BGB unwirksam. Fehlen Erklärungsbewusstsein oder Geschäftswille, so ist die Willenserklärung sogar wirksam, ein Rechtsgeschäft kommt durch sie auch zustande. Das dadurch zustande gekommene Rechtsgeschäft ist dann lediglich anfechtbar nach § 119 I BGB. Erst nach erfolgter Anfechtung ist es gem. § 142 I BGB unwirksam (bezüglich des Erklärungsbewusstseins war es umstritten, ob nicht doch schon die Willenserklärung von vornherein unwirksam ist, wenn es nicht vorliegt).
Bei der Frage ob eine Willenserklärung vorliegt, ob also der Tatbestand einer Willenserklärung gegeben ist, spielt der „innere Tatbestand“ keine Rolle. Im Gutachten wird der Handlungswille – falls problematisch – im Rahmen der Wirksamkeit einer Willenserklärung dargestellt und das fehlende Erklärungsbewusstsein oder der fehlende Geschäftswille werden als Anfechtungsgründe geprüft.

 

Wie baue ich die Auslegung von Willenserklärungen im Gutachten ein?

Die Auslegung von Willenserklärungen ist in zweierlei Hinsicht relevant: einmal für die Frage, ob überhaupt ein Rechtsgeschäft zustande gekommen ist und zweitens für die Frage, welchen Inhalt das Rechtsgeschäft hat. Für die Prüfung der Auslegung im Gutachten gibt es vielfältige Aufbaumöglichkeiten. Ich empfehle Euch folgende Vorgehensweise, die in den allermeisten Fällen zum Ziel führt und dabei so übersichtlich wie möglich bleibt (sie bezieht sich nur auf Verträge, lässt sich aber auf einseitige Willenserklärungen übertragen):
Du prüfst den Punkt „Zustandekommen eines Vertrages“ in drei Schritten:
a. Erklärung des/der …
b. Erklärung des/der…
c. Einigung
Die beiden Erklärungen (a. und b.) können Antrag und Annahme sein. Dabei kann man für jede Erklärung zwischen ihrem Tatbestand und ihrer Wirksamkeit unterscheiden:
a. Erklärung des/der …
aa. Tatbestand
bb. Wirksamkeit

b. Erklärung des/der…
aa. Tatbestand
bb. Wirksamkeit

Unter dem Punkt Tatbestand ist dann für jede Erklärung gesondert zu ermitteln, ob mit ihr ein Vertragsschluss gewollt ist bzw. sie so verstanden werden durfte (sog. Rechtsbindungswille), und mit welchen Inhalt die Willenserklärung haben sollte (nach dem Willen des Erklärenden bzw. dem berechtigten Verständnis des Erklärungsempfängers). Wenn nötig kann man also den Tatbestand in zwei Gliederungspunkte unterteilen:
aa. Tatbestand
       (1) Rechtsbindungswille
       (2) Inhalt der Erklärung
Die Prüfung der Wirksamkeit einer Willenserklärung betrifft z.B. Fragen des Zugangs oder der Geschäftsfähigkeit und ist für die Auslegung irrelevant. Nachdem Du Tatbestand und Wirksamkeit jeder Erklärung geprüft hast (aa. und bb.), untersuchst Du unter Punkt c. („Einigung“), bezüglich welcher Punkte die zuvor geprüften Erklärungen übereinstimmen müssen, damit ein Vertrag zustande kommt (mindestens essentialia negotii, beachte außerdem §§ 154 f. BGB) und anschließend, ob die Erklärungen auch in diesen Punkten übereinstimmen. Ist das der Fall, so ist ein Vertrag zustande gekommen mit dem übereinstimmenden Inhalt der Erklärungen, ggf. ausgefüllt durch ergänzende Auslegung oder dispositives Recht.

 

Wie ist das Verhältnis von § 131 II BGB zu § 108 I BGB?

Beide Vorschriften schützen beschränkt Geschäftsfähige vor nachteiligen Geschäften. § 131 II  BGB setzt dazu bei der Wirksamkeit einer Willenserklärung gegenüber dem beschränkt Geschäftsfähigen an. § 108 I  BGB bei der Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts, an dem der beschränkt Geschäftsfähige beteiligt ist. Beide Vorschriften machen die Wirksamkeit von der Vorteilhaftigkeit oder Zustimmung der Eltern des Beschränkt Geschäftsfähigen abhängig. § 131 II BGB sieht allerdings nicht die Möglichkeit einer nachträglichen Genehmigung durch die Eltern vor, sondern nur eine Einwilligungsmöglichkeit.
Zur Auflösung des Verhältnisses von § 131 II BGB und § 108 I BGB werden verschiedene Lösungsvorschläge gemacht. Die meines Erachtens einfachste und deshalb vorzugswürdige Lösung liegt darin, § 131 II BGB auf Verträge nicht anzuwenden, sondern nur auf einseitige Rechtsgeschäfte, da § 108 I BGB den beschränkt Geschäftsfähigen bei Verträgen ausreichend schützt.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, einen Antrag gegenüber dem Minderjährigen stets als vorteilhaft anzusehen und eine Annahme ihm gegenüber als nachteilig. Dagegen spricht jedoch, dass man nicht eine Willenserklärung losgelöst von ihrem Inhalt als vorteilhaft oder nachteilig bewerten kann. Das zeigt sich zum Beispiel, wenn der Erklärende die Bindung an sein Angebot nach § 145 BGB ausgeschlossen hat: dann lässt sich das Angebot nicht ohne Weiteres als vorteilhaft für den Empfänger bezeichnen. Außerdem wäre auch eine Annahme nicht an sich rechtlich nachteilig, da sie nicht unmittelbar die Wirkungen des Rechtsgeschäfts herbeiführt, sondern ohnehin die Wirksamkeit noch anhand von § 108 I BGB kontrolliert wird.

 

Was bedeuten die subjektive und die objektive Kausalität des Irrtums in § 119 I BGB?

Das Erfordernis der subjektiven und objektiven Kausalität in § 119 I BGB soll die Möglichkeiten, eine Willenserklärung wegen eines Irrtums anzufechten, beschränken. Dass der Vertragspartner eine Erklärung nicht so verstanden hat, wie sie der Anfechtende meinte, genügt allein nicht für die Anfechtung. Vielmehr muss der Anfechtende noch darlegen, dass der Inhalt der Erklärung, wie ihn der Empfänger verstanden hat, nicht doch noch seinem Willen entspricht. Salopp formuliert: wenn dem Irrenden sein Irrtum „nichts ausmacht“, für ihn das Geschäft also auch so in Ordnung ist, wie der andere es verstanden hat, dann kann er nicht anfechten. Das ist die sog. subjektive Kausalität. Dass sie fehlt, ist kaum vorstellbar, da schon kein Irrtum vorliegt, wenn der Vertragsinhalt dem Willen des Anfechtenden entspricht.
Entscheidend ist daher die sog. objektive Kausalität. Sie fügt dem noch einen wertenden Filter hinzu: Sie stellt nicht auf den Willen des Irrenden ab, sondern darauf, ob ihm der Vertragsinhalt, so wie ihn die andere Partei verstanden hat und wie er zustande gekommen ist, (objektiv) zumutbar ist.
Beispiel:
V macht dem K ein schriftliches Angebot zum Kauf eines Pkw zum Preis von 5000 Euro. Er will in seinem Scheiben den Preis mit Dezimalstellen angeben, also „5000,00 Euro“, verschreibt sich bei der letzten Stelle aber, so dass der Preis auf „5000,08“ Euro lautet. K nimmt das Angebot an.

Hier liegt ein Erklärungsirrtum des V gem. § 119 I Alt. 2 BGB vor. Nun kann es aber an der subjektiven Kausalität des Irrtums fehlen: Das wäre der Fall, wenn V meint, er hätte das Auto schon auch für 8 Cent mehr verkauft (meistens wird er dann gar nicht erst anfechten, aber vielleicht will er ja aus irgendeinem Grund versuchen, vom Vertrag mit K loszukommen).
Wenn V aber behauptet (und beweisen kann), dass er den Pkw niemals für 8 Cent mehr verkauft hätte, dann liegt subjektive Kausalität des Irrtums vor. Wie dieses Beispiel zeigt, bedarf die subjektive Entscheidung des Irrenden aber noch einer Korrektur. Diese Korrektur liefert die objektive Kausalität: danach ist wertend zu beurteilen, ob der Irrtum für den Vertragsschluss als erheblich einzustufen ist. Eine Abweichung von wenigen Cent ist bei einem Preis von mehreren tausend Euro aus objektiver Sicht nicht erheblich. Daher ist der Irrtum nicht objektiv kausal. V kann mangels Anfechtungsgrund nicht anfechten.

 

Wie berechnet man den Wert des positiven und des negativen Interesses bei § 122 I BGB?

Als positives Interesse bezeichnet man das Interesse des Anspruchstellers an der Vertragsdurchführung, also daran, dass die vertraglichen Leistungen erbracht werden. Das ist der Gewinn, den eine Vertragspartei mit der Sache macht, die sie nach dem Vertrag erhält. Wird der Vertrag nicht durchgeführt, z.B. wegen Anfechtung des Vertrages, dann wird das positive Interesse der Vertragsparteien enttäuscht. Schadensersatz für diese Enttäuschung kann man allerdings nicht nach § 122 I BGB verlangen.
Aus § 122 I BGB kann man (höchstens) Ersatz für das negative Interesse verlangen. Das negative Interesse ist das Interesse daran, durch den Vertragsschluss nicht schlechter zu stehen, als wenn man gar keinen Vertrag geschlossen hätte. Darunter fallen die Beträge, die man ausgibt, weil man mit der Leistung rechnet, die man aber ohne den Vertrag nicht ausgegeben hätte. Die Beeinträchtigung dieses negativen Interesses wird durch den Schadensersatzanspruch nach § 122 I BGB im Fall der Anfechtung (wegen Irrtums) ausgeglichen.
Beispiel:
K kauft von V ein gebrauchtes Fahrrad zum Preis von 100 Euro. K will das Fahrrad an D für 120 Euro weiterverkaufen. Das positive Interesse/Erfüllungsinteresse des K am Vertrag mit V lässt sich also auf 20 Euro beziffern: so viel Gewinn macht K nämlich nach Durchführung des Vertrages mit V.

Weil K fest damit rechnet, das Fahrrad von V zu bekommen, kümmert er sich schon um den Versand an D, wofür K 50 Euro zahlen muss.
Nun ficht V seinen Kaufvertrag mit K wegen eines Irrtums an. K kann von V aus § 122 I BGB Ersatz für die Beeinträchtigung seines negativen Interesses verlangen. Das negative Interesse des K beträgt 50 Euro, da er diesen Betrag nicht für den Versand des Fahrrades ausgegeben hätte, wenn er nicht davon ausgegangen wäre, das Fahrrad von K zu erhalten. Die 50 Euro übersteigen allerdings das positive Interesse (20 Euro). Aus § 122 I BGB kann K also nicht das volle negative Interesse ersetzt verlangen, sondern nur 20 Euro.
Die Wertung hinter dieser Berechnung ist, dass nur die Kosten verlangt werden können, die wieder „eingespielt“ worden wären. Der Vertragspartner des Anfechtenden darf also nur Aufwendungen machen, die sich am Ende lohnen. Macht er höhere Aufwendungen (im Beispiel 50 Euro Versandkosten, obwohl K nur 20 Euro Gewinn macht), so trägt er das Risiko dafür, dass sie umsonst waren.

 

Warum kann der Anfechtungsgegner aus § 122 I BGB seine Leistung zurückverlangen?

Wenn eine Partei bereits geleistet hat und die andere nun den Vertrag anficht, so stellt auch diese Leistung eine Beeinträchtigung des negativen Interesses dar: Wenn die Partei den Vertrag nämlich gar nie geschlossen hätte, dann hätte sie auch nicht geleistet. Die Leistung hat die Partei nur erbracht, weil sie darauf vertraut hat, dass ein Vertrag besteht.
Hier besteht der Schadensersatz jedoch in der Regel nicht in einer Kompensation in Geld, sondern in der Restitution (Wiederherstellung) des alten Zustandes (vgl. auch § 249 I BGB), wenn eine solche Restitution möglich ist, also der geleistete Gegenstand beim Empfänger der Leistung noch vorhanden ist und zurückgegeben/zurückübereignet werden kann.
Dasselbe Ziel kann (meistens) auch mit einem Anspruch aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB erreicht werden, zum Teil auch aus § 985 BGB. In einer Klausur müsst ihr aber alle in Frage kommenden Anspruchsgrundlagen prüfen!

 


Haftungsrecht

Was bedeutet der Prüfungspunkt „Pflichtverletzung“?

Der Begriff „Pflichtverletzung“ wurde in das Prüfungsschema zu vertraglicher Haftung aufgenommen, da er sich in § 280 I BGB findet. Der Gedanke dahinter ist, dass eine Vertragspartei dann haften soll, wenn sie einer Pflicht, also einem Gebot oder Verbot, nicht nachkommt, insbesondere wenn sie nicht die geschuldete Leistung erbringt.
Dieser an sich nachvollziehbare Ansatz stößt an seine Grenzen, wenn die Erbringung der Leistung unmöglich ist. Zu Unmöglichem kann niemand verpflichtet sein. Mangels Pflicht könnte in der Nichtleistung keine „Pflichtverletzung“ liegen.
Nun lässt sich freilich an ein anderes Verhalten anknüpfen, dass gegen eine Pflicht verstößt, z.B. verstößt die Herbeiführung der Unmöglichkeit gegen die Pflicht, die Unmöglichkeit nicht herbeizuführen. An diesem Beispiel wird jedoch deutlich, dass die Frage nach einer Pflicht und ihrer Verletzung reine Konstruktion ist und daher letztlich überflüssig.
Ich empfehle euch daher, als Pflichtverletzung immer auf die Nichtleistung (bei § 283 BGB auch möglich: die Unmöglichkeit) abzustellen, und den Begriff als Umschreibung einer Interessenbeeinträchtigung zu sehen, ohne dass damit ein konkretes Verhalten des Schuldners bezeichnet ist.
Ein Verhalten des Schuldners, dass zu dieser Interessenbeeinträchtigung zurechenbar geführt hat, prüft ihr in einem nächsten Schritt, im konventionellen Aufbau unter „Vertretenmüssen“. Wurde ein solches zurechenbares Verhalten gefunden, so lässt es sich im Nachhinein als pflichtwidrig oder rechtswidrig bezeichnen. Bereits als Voraussetzung eine bestimmte Pflicht zu konstruieren, erscheint allerdings umständlich und überflüssig. Auch hinter dem Begriff Fahrlässigkeit steckt letztlich bloß die Umschreibung eines solchen Verhaltens, dass zur Beeinträchtigung eines Interesses führen kann.

 

Was bezweckt die Einteilung in „Schadensersatz statt der Leistung“ und „Schadensersatz neben der Leistung“?

Es geht bei der Unterscheidung alleine um die Frage, ob eine Haftungspflicht in Natur erfüllt werden soll (z.B. gekaufte Ware) oder in Geld (Kosten der Ware). Der einleuchtende Grundsatz lautet dabei, dass eine Pflicht immer in Natur zu erfüllen ist. Geldersatz kommt nur dann in Betracht, wenn die Leistung in Natur unmöglich oder einer Partei unzumutbar ist.
Unmöglich ist die Erfüllung in Natur z.B. bei irreparablen Schäden oder Zerstörung des Leistungsgegenstandes, unzumutbar ist sie z.B. wenn bereits eine Frist erfolglos abgelaufen ist oder bei sog. Integritätsschäden (bei Körperschäden muss sich der Verletzte nicht vom Haftenden selbst verarzten lassen, sondern kann Geldersatz für seine Arztkosten verlangen).
Diese Grundsätze finden sich auch in §§ 249 ff. BGB und werden in §§ 281 ff. BGB letztlich wiederholt und konkretisiert.

 

Wie lassen sich Rücktritt und Schadensersatz kombinieren?

§ 325 BGB besagt, dass Rücktritt und Schadensersatz nebeneinander geltend gemacht werden können. Das ist deshalb nicht selbstverständlich, weil Rücktritt und Schadensersatz generell unterschiedliche Ziele verfolgen: Rückabwicklung der Leistungen beim Rücktritt vs. Herstellung des Zustands, in dem der Geschädigte bei Durchführung des Vertrages stünde beim Schadensersatz. Da zu diesem Thema viele kaum aussagekräftige Begriffe umherschwirren, bereitet das Verhältnis von Rücktritt und Schadensersatz im Einzelfall vielen Kopfzerbrechen. Dabei geht es nur um eine einfache Frage:
Ist die Gegenleistung bei einer gestörten Leistung weiterhin in Natur zu erbringen oder in Geld zu verrechnen, wenn wegen der gestörten Leistung Schadensersatz verlangt wird?
Folgende Ausgangssituation liegt zugrunde: Zwei Personen, A und B, schließen einen gegenseitigen Vertrag. Aufgrund des Wertunterschieds ihrer Leistungen macht eine Person (A) ein gutes Geschäft, die andere (B) ein schlechtes. Bei einer Leistungsstörung durch B kann A nun zwei Wege einschlagen: Schadensersatz und Rücktritt.
Verlangt A von B Schadensersatz, so kann er den Wert der gestörten Leistung verlangen und seine Gegenleistung dennoch erbringen. Tritt A zusätzlich vom Vertrag zurück, so darf und muss er seine Leistung nicht mehr erbringen und kann als Schadensersatz nur den Wertunterschied zwischen beiden Leistungen verlangen (gestörte Leistung abzüglich Gegenleistung). Wenn die Gegenleistung des A in Geld bestand, führen beide Wege zum selben Ziel.
Beide Wege und ihre Folgen ergeben sich ohne komplizierte Zusatzbegriffe daraus, dass beim Rücktritt die Gegenleistung nicht mehr erbracht zu werden braucht und sie deshalb beim Schadensersatz abzuziehen ist.

 

Was bedeuten die Begriffe „großer Schadensersatz“ und „kleiner Schadensersatz“?

Beide Begriffe werden nur dann relevant, wenn eine Leistung teilweise gestört ist (z.B. Lieferung von 90 statt 100 Flaschen Wein). Dabei stellt sich die Frage, ob diese Teilstörung wie eine Störung der gesamten Leistung behandelt werden kann, der Gläubiger also vom ganzen Vertrag zurücktreten kann und Schadensersatz in Höhe der gesamten Leistung verlangen kann (unter Rückgabe des intakten Teils).
Diese Möglichkeit hat der Gläubiger dann, wenn die Teilstörung einen bestimmten Intensitätsgrad erreicht (vgl. für den Schadensersatz § 281 I S. 2, 3 BGB und parallel § 323 V S. 1, 2 BGB für den Rücktritt). In Bezug auf den Schadensersatz nennen einige diesen Weg dann „großen Schadensersatz“ statt bloßem „kleinem Schadensersatz“ in Höhe des gestörten Teils. Das Gesetz verwendet diese Begriffe nicht.

 

Was ist der Unterschied zwischen haftungsbegründender und haftungsausfüllender Kausalität?

Der Unterschied liegt allein im Bezugspunkt: Während Du bei der haftungsbegründenden Kausalität den Zusammenhang zwischen einem Verhalten und einer Beeinträchtigung untersucht, betrifft die haftungsausfüllende Kausalität den Zusammenhang zwischen einer zunächst eingetretenen Beeinträchtigung und weiteren (Folge-)Beeinträchtigungen. Die Kriterien zur Bestimmung der Kausalität sind dabei immer dieselben.

 

Warum muss ich bei der kaufrechtlichen Haftung für Mängel in einem eigenen Gliederungspunkt die Anwendbarkeit der §§ 437-445 BGB prüfen?

Die Prüfung der Anwendbarkeit einer Norm ist im Fall von Normenkonkurrenz notwendig, d.h. wenn ein Sachverhalt den Tatbestand mehrerer Normen erfüllt, die nicht miteinander vereinbare Rechtsfolgen anordnen. Dann musst Du entscheiden, welche Norm den Vorrang erhält. Häufig erhält ihn die speziellere Norm. Gegenüber dem allgemeinen vertraglichen Haftungsrecht sind die Vorschriften zur kaufrechtliche Mängelhaftung spezieller. Sie sind also anwendbar, wenn die Haftung für einen Mangel in Rede steht.
In der Regel wird zusätzlich noch eine zeitliche Abgrenzung vorgebracht: die §§ 437-445 BGB seien erst ab Gefahrübergang anwendbar. Dadurch wird allerdings ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal eingeführt, das sich nicht plausibel begründen lässt: Die einzigen Normen im Rahmen der kaufrechtlichen Mängelhaftung, die eine vom allgemeinen Haftungsrecht abweichende Rechtsfolge anordnen, sind ohnehin § 438 BGB (Verjährung) und § 439 I BGB (Wahlrecht des Käufers). Ihr Tatbestand setzt voraus, dass die (mangelhafte) Kaufsache abgeliefert wurde. Eine zeitliche Abgrenzung ergibt sich damit schon aus ihrem Tatbestand, der aber an die Ablieferung und nicht an den Gefahrübergang anknüpft. Alle anderen Vorschriften der kaufrechtlichen Mängelhaftung lassen sich sinnvoll auch vor Gefahrübergang anwenden – zumal sie lediglich Konkretisierungen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts darstellen und keine abweichende Rechtsfolgen statuieren.